III. Burg und Geschlecht von Weferlingen
Mit diesen Angaben sind wir schon in das spätere Mittelalter unserer Heimatgeschichte geraten. Der Hof an der schwankenden Wiese, der von einem irminonischen Sueben holsteinischer Herkunft um die Zeitwende erbaut sein könnte, er hat in den 800 Jahren, bis die Franken unter Pipin ihre große Reform nach Besiegung der sächsischen Stämme ins Land brachten, viel, viel wechselnde Geschichte an sich vorbeiziehen lassen müssen. Die Bronzezeit war der Zeit eiserner Waffen und Geräte gewichen. Die von Norden und Nordosten gekommenen Sueben oder Elb-Germanen waren nach Süden weitergezogen, hatten aber mit den ansässig gebliebenen Menschen der Aunjetitzer Kultur schon ein Bauernvolk gebildet, als dann von Süden die Römer handeltreibend bis in unsere Heimat vordrangen, wie viele Funde u. a. Vom Ösel und Festberg an der Asse beweisen. Kriegerische Auseinandersetzungen mit römischen Legionen gab es bei uns nicht und nach der Varusschlacht im Jahre 9 n. Chr. Waren sie auch kaum noch zu befürchten. Für Ersatz sorgten jedoch die vielen Stammeskriege, an denen die Geschichte der Deutschen so reich ist. Es kam die Zeit der Völkerwanderung, in der fast alle alten und neuen Völkerstämme aus dem Norden, der ihrer wachsenden Bevölkerung richt mehr genügend Nahrung gab, nach Süden und Westen zogen und oft nur in blutigen Kämpfen sich die Herrschaft über die dort wohnenden Stämme sichern konnten. Die Warnen kamen aus Jütland in unsere Gegend und übernahmen die kriegerische Obergewalt, bauten eigene Herrensitze, die nach dem Namen ihres Gründers und dem Anhang -leben = leiba, Erbe oder Hinterlassenschaft zum Ursprung der Leben-dörfer (Bansleben = Erbe eines Bano) wurden. Auch Langobarden streiften bei ihrem Zug in die Lombardei unsere Gegend, in der sich durch eine friedliche Vermischung mit großen Volksstämmen südlich des Harzes ein zuerst lose gefügtes, dann aber gefestigtes Reich der „Thüringer“ bildete. Einer ihrer Könige (sie hatten keinen Her-zog) soll nach sagenhafter Überlieferung in der Nähe von Volzum in einem jetzt abgetragenen Hoch mit seinem Pferd und seinen Sklaven bestattet sein (Hahne, Volzum, 1954).
Dann kamen von Norden die Sachsen, nach ihrem Kurzschwert „sahs” benannt. Es gab blutige Kriege der Thüringer mit ihnen, in denen Weferlingens Einwohner mit alten Leuten, Frauen, Kindern und Vieh in die auf den Höhen beiderseits des Reitlingstales noch heute sichtbaren Wallburgen, die Brunkelund die Krimmelburg, flüchten mußten. Als sich dann die Sachsen mit slawischen Stämmen aus der Elblandschaft beim späteren Magdeburg verbündet hatten, da vernichteten sie um 540 n. Chr. Das große Thüringerreich. In einer Schlacht bei Ohrum, dem manchmal umkämpften Übergang über das sumpfige Okertal, errangen die Sachsen den Sieg. Sie sollen ihn durch Errichtung der Irminsul, eines dem alten Glauben an Er oder Ziu geweihten Heiligtums bei Hofgeismar in Hessen gefeiert haben, das dann bekanntlich von dem Begründer des Christentums in Deutschland, Bonifatius, Jahrhunderte danach wieder zerstört wurde.
Die Thüringer, die nun in dem Reich der Sachsen (Niedersachsen) aufgingen, hinterließen aber unseren Dörfern ein bleibendes Vermächtnis, nämlich den thüringischen Hofbau. Die nach außen geschlossenen, viereckigen Höfe mit dem Wohnhaus im Norden, an das sich rings die Viehställe und Scheunen gruppieren, sind etwas ganz anderes als das sächsische Strohdachhaus mit den Pferdeköpfen am steilen Giebel, der gemeinsamen Bleibe für Menschen und Vieh unter einem Dach und den unter Bäumen darum gescharten Scheunen oder Bienenställen, wie es das „Heidehaus“ ist. Es reicht bei uns nur bis zur Linie Bortfeld-Wenden-Uhry, also nördlich des Elms.
Als dann um 743 n. Chr. Die Franken von Südwesten unter Karl Martells Sohn Karlmann bis zum Heeseberg bei Jerxheim vordrangen, als in den Sachsenkriegen viele „Nordschwaben“ sich zum Christentum bekehrten oder bekehren mußten, da zogen wohl auch wehrhafte Söhne Weferlingens in den Kampf, mit ihrem Anführer, der sich vielleicht schon damals zu einem vom Herzog belohnten Ritter oder Edeling heraufdiente.
Wann genau die späteren Herren von Weferlingen ihre burgartige Befestigung des schon lange bestehenden Hofes mit Wall und Graben erbauten, ist unbekannt. Warum sie es aber taten, das ist aus der erwähnten Schlüssellage dieser Burg zwischen zwei Handelswegen erklärlich. Hier konnten die Burginhaber den über diese Wege und über die „Zingel“ ostoder westwärts ziehenden Planwagen der Kaufleute im Auftrag ihres Lehnsherren oder des Landesfürsten Schutz gewähren oder ihnen auch im „täglichen Krieg des Mittelalters”, den diese mit unbotmäßigen Städten führten, Zollgebühren abnehmen. Als dann die Städte, insbesondere Braunschweig, durch ihren Handel aufblühten und vom Herzog unabhängig wurden, da nannten ihre Kaufherren solche Ritter, die wohl auch eigenmächtig die „Pfeffersäcke” schröpften, verachtungsvoll „Raubritter”. Die von Weferlingen, Bansleben und von der Asseburg, sie beherrschten von ihrer uneinnehmbaren Burg aus die Leipziger Heerstraße, sind diesem bösen Leumund nicht entgangen.
Seit Gunzelin von Wolfenbüttel, der Lehnsmann Kaiser Ottos des IV., der später mächtige Reichstruchseß im Gefolge der Hohenstaufen um 1215 die feste Asseburg auf steilem Bergabfall errichtet hatte, nach der sich dann sein Geschlecht künftig nannte, seit dieser Zeit sind die Herren von Weferlingen mit den Asseburgern aufs engste versippt und verbunden.
Das wird schon aus einem der frühesten Wappensiegel der Asseburger deutlich, das den zum Sprung ansetzenden Wolf dieser Familie mit einer Kette um den Hals zeigt, ander ein Wappenschild als sogenannte Brisüre hängt (v. Hoym, Wappenbuch Bd. 1, Handschrift im Stadtarchiv Braunschweig). Auf diesem Schild sieht man ein gespaltenes Feld mit schrägem Balken und drei lilienartigen Blumen. Spätere Siegel der Weferlinger weisen dann diesen Lilienbalken als Rosenkette auf. Ihr Wappen in dieser bis ins 18. Jahrhundert beibehaltenen Form ziert den Umschlag dieser Schrift. Als Wappenfarben muß man den Schild in Blau (links) und Silber (rechts) mit weißem Balken und roten Rosen sich denken. Eine in meiner Jugend noch erzählte Überlieferung wollte wissen, daß von der Burg Weferlingen ein „unterirdischer Gang“ bis zur Asseburg gegangen sei, eine nach den topographischen Umständen (Sumpfland der Altenau und weite Entfernung) natürlich völlig unmögliche Annahme. Aber dies späte Gemunkel beweist doch, daß man sich der engen Beziehungen zwischen beiden Burgen noch dunkel erinnerte. Die Urkundenbücher von Asseburg sind neben anderen Quellen die reichste Fundgrube für Nachrichten über die Herren von Weferlingen.
Die Asseburgs waren bis in die jüngste Zeit begütert um Magdeburg und Merseburg. Sie wurden teilweise 1816 vom preußischen König in den Grafenstand erhoben. Sie besaßen früher auch die Burg Falkenstein im Selketal des Ostharzes, auf der im 13. Jahrhundert Eike von Repgow das Gesetzbuch des „Sachsenspiegels“ schrieb.
Ein Zweig der Asseburgs ist seit Jahrhunderten auch auf der Hinnenburg unweit Höxters in Westfalen seßhaft. Dieser Zweig setzt die alte Geschichte des niedersächsischen Uradelsgeschlecht noch heute fort, doch muß sich die Familie nach dem Tode des letzten, männlichen Namensträgers, der in einem russischen Gefangenenlager des letzten Krieges umkam, nunmehr von Bochholtz-Asseburg nennen. (Geneal. Handbuch des Adels A Bd. 2, 1955.) Sie hatte den preußischen Königen, wie früher den braunschweigischen Herzögen viele Offiziere und Staatsbeamte als getreue Diener geschenkt.
Die Asseburg, nach der sich das Geschlecht nannte und auf der auch zeitweilig die Weferlinger Herren wohnten, ist genau wie deren Burg nicht nach kriegerischer Eroberung zerstört. Nach wechselvoller Geschichte, die oft sagenhaft verklärt ward, hatten die Braunschweiger sie in kluger, realpolitischer Ausnutzung der Nöte ihrer Besitzer mehrmals in ihren Pfandbesitz gebracht und dann, als sie ihnen in der Erhaltung und Besatzung zu teuer wurde, im Jahre 1492 aufgegeben und zerstört. Im gleichen Jahr, als Amerika von Columbus entdeckt wurde, loderten vom Assehang die Flammen, die die festeste Burg unserer Heimat in Trümmer legten, in denen sie dann, immer mehr von den Bauern der Steine zum Bau ihrer Ställe beraubt, bis zum heutigen Verfall liegen blieb. (Vgl. Germer, Landgebietspolitik der Stadt Braunschweig, 1937)
Es war das gleiche Schicksal einer Burg, wie das der Wallburg Weferlingen, die, im flachen Land gelegen, sich keineswegs mit der stolzen Schwester vergleichen konnte und die darum auch schon 200 Jahre früher den reichen Städten zum Opfer gefallen war. Ihre Grundmauern, deren Wälle ebenfalls früher zum „Mergeln“, d. h. Kalkdüngung der Felder größtenteils abgebaut wurden, sind nicht einmal mehr wie die der Asseburg sichtbar und ruhen unter dem Grasrasen und den Obstbäumen der Burgstelle.
Wie die Asseburger machten es die Weferlinger Ritter den Braunschweiger Kaufherren nicht leicht, ihr Tuch nach Böhmen und Ungarn zu verkaufen und dafür Wein und andere Waren zurückzubringen. Darum mußte die Burg am Osterwieckswege fallen, als es deren Besitzern einmal schlecht ging. Wir dürfen sie uns nicht wie eine romantische Burg mit Türmen und Zinnen vorstellen. Sie bestand sicher vorwiegend aus Fachwerkbauten mit vielleicht einem steinernen Pallas oder einer Kemenate (mit Kamin versehenem, kleinen Steinhaus), die vor Brand besonders geschützt waren. Ringsherum liefen im Geviert zwei Wälle, zwischen die man Wasser vom Mühlgraben geleitet hatte. Ob dieser befestigte Platz jemals feindlich berannt wurde, wissen wir nicht. Es wäre verdienstlich, wenn einmal eine Grabung im alten Burggelände danach forschen würde.
1298 oder 1299 wurde die Burg geschleift. 1301 verzichtet Burchhard von Asseburg, der bezeichnenderweise in einer anderen Urkunde „Burchard de Wevelinghe dictus de Asseborch = B. Von W. Genannt v. Asseburg“ heißt, auf den Wiederaufbau, nachdem er sie 1297 den Braunschweigern verpfändet hatte, um das Lösegeld für seinen Schwager und Oheim zu bekommen, die in Schuldhaft saßen.
Die Wallund Wassergrabensicherung der Burg Weferlingen wurde, wie in allen ähnlichen Anlagen (z.B. Ampleben, Bansleben, Destedt) ergänzt durch eine dichte Wallhecke um die zum Adelssitz gehörigen, von grundhörigen Bauern, den Liten oder Litonen, bewohnten kleinen Höfe. Das gesamte kleine Dorf verkroch sich gegen plötzliche Angriffe dahinter. Als letzte Zuflucht diente dann die als festeste Steinbastion in das Verteidigungssystem einbezogene Kirche. Alle Kirchen unserer Heimat, soweit sie in den Dörfern des 10. bis 12.
Jahrhunderts errichtet wurden, sind als sogenannte Wehrkirchen mit besonders wuchtigen, dickwandigen, elmkalksteinernen Turmmassiven gebaut, die Frauen und Kindern Rettung vor Brand und Kriegsnot bieten sollten. Dem letzten Krieg von 1939-1945 war aber unsere liebe, alte Kirche am Norddurchgang durch die Wallhecke nicht mehr gewachsen. Unter den Bomben eines wahrscheinlich von Angriffen auf Berlin zurückkehrenden feindlichen Luftgeschwaders sank sie am Mittag des 15. März 1944 in Trümmer.
Die Kirche, wie unten ausgeführt, wahrscheinlich dem heiligen Mauritius geweiht, war eine der ältesten aus der romanischen Bauepoche des 11. bis 12. Jahrhunderts. Es ist möglich, daß das Grab vor dem Altar, das bei Räumung der Trümmer gefunden, aber leider (1946) nicht näher untersucht wurde, die Gebeine eines adligen Stifters enthalten hat — eines Asseburgers oder Weferlingers.
Die Herren von Weferlingen finden wir nach der Zerstörung ihres Stammsitzes und schon vorher als Grundbesitzer in Urkunden über viele Dörfer der Braunschweiger Landes. Nach einem in Dürres Regesten Bd. 108 (Niedersächsisches Staatsarchiv Wolfenbüttel) enthaltenem Stammtafelentwurf ist Ludolfus von W. (de Weverlinge) schon 1233-1249 als Grundbesitzer in Watzum genannt. Als Schenker und Stifter von Grundbesitz für das „Kloster vom Heiligen Kreuz” in Braunschweig auf dem Rennelberg vor den Toren Braunschweigs werden schon bis 1309 mehrere Ludolf von W. Genannt, die Besitztümer aus Watzum, Gevensleben, Schöppenstedt mit dem Einkommen des „Zehnten” zum Heil ihrer Seelen stifteten. Watzum und Groß-Vahlberg blieben jedoch bis zum Erlöschen des Geschlechts die eigentlichen Stammgüter. Aberwir treffen die Burchhards, die Gebhards, die Ulrichs, die Karls und Eitel-Karls, die Hans oder die Jan’s von W. Nicht nur im Asseburger Urkundenbuch, sondern auch im Copialbuch des Klosters St. Crucius (Kreuzkloster) (Niedersächsisches Staatsarchiv Wolfenbüttel VII B 267) so daß wir die sehr enge Bindung dieses Geschlechtes an das Kreuzkloster, das dann in Gardessen, Bornum, Schandelah, Neindorf/Asse und Völkenrode begütert war, besonders werten müssen. 1332 bewilligte Burchard v. Asseburg, der Lange genannt, den erblichen Verkauf der Güter zu W. An das Kreuzkloster. Hier erscheint der Vorname Burchard, der bis zum Tode des letzten Weferlingen 1775 wenigstens “ls Beiname dem Familienältesten verliehen wurde und der die alte Versippung der beiden Geschlechter erneut beweist. Dem Kreuzkloster, das bei einer Belagerung der Stadt geschleift wurde, dessen Grundstück aber bis zum Bombenkrieg an der Freisestraße in Braunschweig neben dem heutigen Untersuchungsgefängnis mit einem idyllisch in einem alten Garten gelegenen Damenstift bebaut war, diesem Kreuzkloster ist Weferlingen mit seinen ältesten Höfen durch die ursprünglichen Grundherren bis zur sogenannten Separation im19. Jahrhundert eng verbunden geblieben.
Natürlich gab es im Lauf der Jahrhunderte auch manche andern Grundeigentümer im Dorf, wie bei der Geschichte der Höfe zu berichten sein wird. Die Familie von Weferlingen .hat aber auch nach ihrem unfreiwilligen Abschied von ihrer Stammburg sich dem Kreuzkloster vor Braunschweig stets besonders verpflichtet gefühlt.
Von den Herren von Weferlingen wäre manches zu berichten, was aus Platzgründen in die angekündigte, ausführliche Darstellung verwiesen werden muß. Sie waren im Rat der Stadt Braunschweig (Hans v. W. 1345 im Rat der Altstadt) vertreten, wo sie als Lehen des Herzogs den Kampfhof beim Ritterbrunnen und einen Hof am Bohlweg neben dem Tempelhof schon im 14. Jahrhundert besaßen (Lehnsregister der Herzöge Magnus und Ernst), 1484 wird Ulrich von W., der Pfandinhaber des Schlosses Hessen, mit Groß-Vahlberg belehnt. Sie erscheinen als miles = Söldner, als eques = Reiter oder Ritter im Gefolge der Herzöge und später als Offiziere des Braunschweigischen Herzogs und auch des preußischen Königs.
1561 heiratete ein von Weferlingen die uneheliche Tochter des wilden Herzogs Heinrich des Jüngeren aus seiner Liebschaft mit Eva von Trott, die er zur Gräfin von Kirchberg machte. Sidonie von Kirchbergs Mitgift, die sie ihrem Eheliebsten mit nach Watzum brachte, könnten wir Stück für Stück aufzählen. Wir müssen uns hier auf die schalkhafte Notiz beschränken, daß ein späterer Nachkomme dieses ‚Paares in einem Dorf unserer Heimat ein uneheliches Kind erzeugte, das in einer Bauernfamilie im Stammbaum auftauchte. Da es aber blutsverwandt mit dem Welfenherzog Heinrich war, ist diese Familie auch direkt Abkömmling von dessen Ahnen Heinrich dem Löwen und noch viel weiter zurück von Karl dem Großen! Mit dem Rittmeister Jan von W. Erlosch 1609 die Großvahlberger Linie der von Weferlingen.
Ein prunkvolles Renaissancegrabmal seines Vaters Ulrich (gest. 1601) und seiner Frau Katarina von Blankenburg wurde am Ende des 19. Jahrhunderts leider aus der Vahlberger Kirche in das Anton-Ulrich-Museum in Braunschweig gegeben, wo es jetzt magaziniert ist. (vgl. Abbildung in „Brschw. Bauu. Kunstdenkm.” Bd. Kr. Wolfenbüttel.) Die Watzumer Linie, vertreten durch Eitel-Karl v. Weferlingen (1632 bis 1662), führte dann einen über 40 Jahre dauernden Rechtsstreit mit dem Herzog, weil dieser fälschlich das Lehen über Groß-Vahlberg aufgehoben und anderweit vergeben hatte. Aus den umfangreichen Akten (StA Wolfenb. 7 Alt A 1 W 1314) geht u. a. Hervor, daß beide Weferlinger Linien das Gut immer zusammen gehabt haben sollten, daß aber die alten Lehnsbriefe bei einem Überfall Schmalkaldener Truppen auf Watzum verbrannt seien. Der Vater des Klägers, der Braunschweiger Obrist Heinrich Christoph von W. (1567-1630) habe dies schon dem Herzog gemeldet. „Er hat gleich seinen Vorelltern Lust zum Kriege gehabt und dahero denselben nachgefolget.” Er ward dann „nach einem Scharmutzieren als durch einen Schuß tödtlich verletzet bei Hochfürstl. Gnaden avisiert, nota bene durch Hinterlist, wiewohl unbegründet, erlangt bald gehörige Besserung und Gesundheit, kombt zurücke” — und findet Schlimmes: Daß der schwache und unbegabte Herzog Friedrich Ulrich, dem die falschmünzenden Landdrosten, die „Kipper und Wipper“ von der Streithorst, auf der Nase tanzten, die willkommene Nachricht vom Freiwerden eines Lehens sofort dazu genutzt hatte, um Dero Gemahlin das Gut zur Nutzung auszugeben. Der Herzog verspricht dann Schadenersatz mit einem Lehnsgut in der Grafschaft Hohnstein, den der von W. Aber nicht annimmt. Inzwischen wird das Gut an die Familie von Hoym auf Esbeck ausgetan, bis die Weferlinger auf Watzum 1668 endlich obsiegen und Groß-Vahlberg wieder übernehmen können.
Vielleicht ist“der Obrist Heinrich Christoph derjenige aus dem nach dem Geständnis seines Sohnes kriegslustigen Geschlecht gewesen, von dem Friedrich Barnstorf in der Sammlung von Th. Voges, Sagen aus dem Lande Braunschweig, (1895) als von dem „tollen Weferlinger” berichtete, er sei mit dem Pferd in seinen Schloßturm hinaufgeritten und habe von dort aus. Seinen Hofarbeitern mit der Pistole Talerstücke zwischen den Fingern weggeschossen. Als dann endlich am 9. Oktober 1775 der unter Herzog Ferdinand im Siebenjährigen Krieg bewährte Kapitän der Herzoglichen Truppen, der Erbherr auf Watzum, Groß-Vahlberg und Völkenrode Anton Burchard Friedrich von Weferlingen in Vahlberg starb, da läuteten rings im Lande in den Dorfkirchen seiner Güter um Mittag die Glocken. Nun schläft er schon lange im Erbbegräbnis unter den schönen Grabplatten seiner Vorfahren Ulrich und Karl in der kleinen Vahlberger Kirche. Auf dem Rittergut Watzum zogen dann bürgerliche Besitzer ein, während Groß-Vahlberg in den Besitz der Familie von Münchhausen überging. Das Dörfchen, nach dem sich eine uradlige Familie 700 Jahre zuvor genannt hatte, zeigt wie so viele Nachbarorte: Geschlechter vergehen, Dörfer aber bleiben bestehen!