Brief, hschr., schwarze Tinte auf einem beidseitig beschriebenen Blatt desselben Papiers wie Brief 24, das etliche Einrisse und Knicke am unteren Ende sowie einen rechts in der Mittelfalz aufweist; der linke Rand auf beiden Seiten freigelassen; kein Um­schlag.

Corire (Majes) via Arequipa, Peru,

den 28. April 1931.

Liebe Käthe!

Mein letzter Brief war vom 16. April. Ich wollte Dir heute blos mitteilen daß ich meinen Wohnort verändere und meine neue Adresse lautet:

c/o Emmel Hermanos S.A.1

Camana2 [sic] – Peru

(via Arequipa)

In den nächsten Tagen fahre ich dort hin.

Du weißt ja, daß 10 unsere Firma in Camana [sic] auch Baumwollpflanzungen und Fabrik [sic] besitzt, in größerer Ausdehnung als hier im Majestale.4

 Da der dortige bisherige Leiter der Baumwollpflanzungen fortgeht, komme ich an dessen Stelle. Das ist ein Schritt vorwärts und eine │ Verbesserung,5 da ich dort mehr verdiene und verschiedene kleine Vergünstigungen habe dafür allerdings ein beträchtliches mehr [sic] an Arbeit.

 Ich möchte jedoch fort von dieser Gegend6 aber da das ja nicht von heute auf morgen geschehen kann, so ist diese Veränderung ganz angenehm von der ökonomischen Seite betrachtet. 18 Meine guten Freunde in San Vicente, Herrn und Frau Gnamm7 werde ich sehr vermißen. Vielleicht kann man <sich> gegenseitig mal besuchen.

 Für heute also blos dies.

8Da es noch verschiedenes [sic] zu erledigen gibt bis zu meinem Wechsel, so schreibe ich dann von Camaná wieder.

 Herzlichst

Dein Friedel.

 Anmerkungen

1 Zu dt.: Gebrüder Emmel AG. ‹S.A.› steht für ‹Sociedad anónima›, i.e. ‹Aktiengesellschaft›. Es handelt sich um eine der zahlreichen in Arequipa ansässigen Firmen deutschen Ursprungs. Wann und woher genau die lokal bald sehr bedeutende Familie Emmel aus Deutschland zuwanderte, läßt sich wohl nicht mehr klären – die Angaben im Netz schwanken haltlos zwischen 1830, 1851/2, 1875, 1881 und 1895 als Einwanderungsdatum sowie zwischen Hamburg, Gelnhausen bei Frankfurt/Main und Württemberg als Herkunftsgegend. Vielleicht würde ein Besuch des 2019 zu Ehren der Emmels eröffneten Museums Casa Familia Emmel, gelegen an der Avenida Emmel in Arequipa, dokumentarische Aufschlüsse bringen. Vorläufig läßt sich mit einiger Sicherheit nur sagen, daß das wann und woher auch immer ausgewanderte Familienoberhaupt Daniel Friedrich Emmel in Arequipa bei dem deutschen Handelshaus Stamm & Petersen anheuerte, aus dem hernach die von seinem Sohn Ernst Friedrich (Ernesto Federico) geleitete Petersen & Emmel hervorging, die 1887 zu den Gründerinnen der Handelskammer von Arequipa gehörte (womit 1895 als Einwanderungsdatum der Familie bereits entfällt). 1889 erfolgte schließlich die Gründung der obgenannten Emmel Hermanos durch Ernst Friedrich (von dem wir einzig wissen, daß seine Frau eine geborene Dauelsberg war, zu welcher Bremischen Reederei-Familie s. Brief 18/Anm. 6 [Nr. 4 und 6]) und seinen Bruder Ferdinand (Fernando) Emmel (Gelnhausen 29.3.1859-20.9.1937 Lima). Das Unternehmen stieg rasch zum landesgrößten Exporteur v.a. von Baumwolle, Wolle, Tee und Kaffee auf, verlieh aber auch Geld an andere aufstrebende Unternehmungen und landwirtschaftliche Genossenschaften. Gelegentlich war es behilflich bei der Vermittlung indianischer Kunstschätze an Völkerkunde-Museen in Deutschland. In Cuzco, wo es eine Dépendance unterhielt, produzierte es Luxusgüter. Mitte der zwanziger Jahre – der Baumwoll-Boom war ungebrochen – erwarben Emmel Hermanos Grund und Boden im Majes-Tal (dank Friedels können wir vermuten, daß es sich dabei um die Baumwoll-Hazienden Maran Grande und San Vicente handelte; vgl. Brief 21, Z. 18) sowie in Camaná ( Z. 10f.); s. a.: Alberto Flores Galindo/Orlando Plaza/Teresa Oré: Oligarquía y capital comercial en el sur peruano (1870-1930), in: Debates en sociología 3 (1978) 53-75, hier: S. 58. 64. 66. – Ein Sohn Ernst Friedrichs, Federico Guillermo Luis Emmel, amtete von Februar 1926 bis zum 28. August 1930 als Bürgermeister von Arequipa und sorgte in dieser Zeit für die Verbesserung der Infrastruktur (Trinkwasser, Straßenbau, Straßenbeleuchtung) und des öffentlichen Gesundheitswesens (Typhus-Bekämpfung, Impfprogramm und andere Für- und Vorsorgeleistungen); seine seriöse und erfolgreiche Geschäftsführung stellt wohl den Hauptgrund dafür dar, daß der Familie eine Allee und ein eigenes Museum in der Stadt gewidmet worden sind. Als Anhänger des Präsidenten Augusto Leguía (s. Brief 8/Anm. 7, zweite Hälfte) fiel Federico Guillermo Emmel nach dessen Sturz (s. Brief 23, Z. 49 mit Anm.) in Ungnade und ging zurück nach Deutschland, wo er mutmaßlich 1947 starb (sein Geburtsdatum wird je nach Quelle mit 1875 oder 1888 angegeben – selbst bei einem Amtsträger erweist sich die Etablierung einfachster Fakten mitunter als schwierig). Andere Nachkommen der weitverzweigten Familie leben nach wie vor in Arequipa.

2 Zu Camaná, wo Friedel bereits auf der Hacienda Pucchum gearbeitet hatte, s. Briefe 16/Anm. 4 und 17/Anm. 1. Möglicherweise hatte Friedel im Oktober 1930 bei Gelegenheit seiner Altiplano-Tour mit den Schulzes in Camaná vorbeigeschaut, um seinen Wechsel anzubahnen; s. Brief 23/Anm. 24.

3 Kleinerer Einzug sic.

4 Das ist wohl so zu verstehen, daß die Hacienda Maran Grande, auf der Friedel seit Anfang 1929 tätig war (Brief 21, Z. 14f.), ebenfalls im Besitz der Emmel Hnos. stand (s.o. Anm. 1), was Käthe aber eigentlich nicht wissen konnte, da Friedel den Namen bisher nicht erwähnt hat; es sei denn, dies wäre in einem nicht überlieferten Brief geschehen.

5 Komma kaum erkennbar.

6 In Brief 22, Z. 26f., hatte Friedel seine Malaria-Krankheit als Grund für den Veränderungswunsch angegeben, indem er eine Verbindung zwischen dem ihm eigentlich angenehmen Klima des Majes-Tales und der Wiederkehr der Fieberanfälle herstellte (ebda., Z. 30-32; s. a. Briefe 27, Z. 19-21, und 33, Z. 36-39).

7 Fehlendes einschließendes Komma sic. – Zu den Gnamms s. Briefe 21, Z. 20f. mit Anm., sowie ebda. Anm. 21; 23, Z. 58f.; 24, Z. 47ff. Tatsächlich arrangierte Friedel von seinem neuen Wohnort aus weitere Zusammenkünfte mit ihnen; s. Briefe 29, Z. 8f., und 31, Z. 6f.

8 Kein Einzug, obwohl Abs. (da vorherige Zeile nur halb voll).